Im Weltverfolgungsindex von Open Doors ist die Türkei um ganze fünf Plätze nach oben gerutscht. Der Trend spiegelt die besorgniserregende Entwicklung für die Lage der Christen in dem muslimischen Land – und wie schnell sich selbst säkulare, europäisch orientierte Staaten unter dem Druck des Islam zu Autokratien wandeln.
Die Türkei steht auf Platz 50 des Weltverfolgungsindex 2025 von Open Doors. Das geht aus einem kürzlichen veröffentlichten Bericht für den Zeitraum zwischen Oktober 2023 und September 2024 hervor. Christen erleben in dem mehrheitlich muslimischen Land unterschiedliche Formen von Diskriminierung und Druck, obwohl die Verfassung Religionsfreiheit garantiert.
Die Zahl der Christen in der Türkei liegt bei etwa 180.000 (0,2 % der Bevölkerung). Viele sind ethnische Minderheiten wie Armenier oder Griechen, aber es gibt auch Konvertiten aus dem Islam. Letztere sind besonders starkem sozialen Druck ausgesetzt, da der Übertritt zum Christentum oft als Verrat an der türkischen Identität gilt. Christliche Gemeinden haben Schwierigkeiten, offiziell anerkannt zu werden, was den Zugang zu Gebäuden und rechtlichen Rechten erschwert.
Vielfach sind Christen in Beruf und Karriere benachteiligt, werden von Bewerbungsverfahren ausgeschlossen. Sie leiden besonders dann in der Privatwirtschaft unter Diskriminierung, wenn der Arbeitgeber Verbindungen zur Regierung und zum öffentlichen Sektor unterhält. Der Ausschluss von Christen ist deshalb besonders einfach, weil die Religionszugehörigkeit auf dem Personalausweis vermerkt ist.
In den letzten Jahren habe laut Open Doors die türkische Regierung außerdem begonnen, (westliche) Christen verstärkt ins Visier zu nehmen und diese des Landes zu verweisen, selbst dann, wenn sie türkische Ehepartner und Kinder haben.
Die Verfolgung wird durch eine Kombination aus islamischem Nationalismus und säkularer Ideologie angetrieben, die Christentum als fremd ansieht. Die Regierung fördert eine türkisch-islamische Identität, was die Akzeptanz von Minderheiten erschwert. Seit dem Putschversuch 2016 hat sich die Überwachung von religiösen Gruppen verstärkt, was auch Christen betrifft.
Hinzu kommt, daß die Türkei mehr als jeder andere Nachbarstaat Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen hat. Im Jahr 2019 wurden circa 3,7 Millionen Syrer in der Türkei erfaßt. Die Vermutung liegt nahe, daß sich mit dem syrischen Zuzug der orthodoxe Islam und fundamentalistische Auffassungen verstärkt im Land ausgebreitet haben. Ähnlich wie in Deutschland hatte die muslimische Migration auch Auswirkungen auf die innere Sicherheit.
Der Druck auf Christen kommt vor allem aus der Gesellschaft und der Familie, besonders in ländlichen Gebieten. Konvertiten riskieren Ablehnung, Drohungen oder Gewalt. Der Staat schränkt religiöse Aktivitäten durch Bürokratie ein, etwa bei der Registrierung von Kirchen oder der Ausbildung von Geistlichen. Öffentliche Diskriminierung und negative Darstellungen in Medien verstärken das feindliche Klima. In einigen Fällen wurden Christen wegen angeblicher „Missionstätigkeit“ strafrechtlich verfolgt.